Geschichte Schloss Ober Neundorf

Das Renaissance-Schlösschen entstand im 13./14. Jahrhundert.

Von da an wurde viel in die bauliche Substanz eingegriffen, in Form der Fassadengestaltung und der Innenausstattung. Jedoch wurde der Baukörper selbst, weitgehend außer acht gelassen. Der größte Eingriff, muss in der Barockzeit stattgefunden haben. Im Nordwesten wurde ein Anbau hinzugefügt, welcher dem Schloss von nun an einen L-förmigen Grundriss verleiht. Auch die Wappenkartusche mit dem Gersdorffschen und Sahlaschen Wappen von 1723 oberhalb des Haupteingangs, muss aus dieser Zeit stammen. Hingegen das Portal selbst, muss noch aus der späten Renaissance stammen. Das Wappen am Südgiebel des Schlosses verweist auf August Theodor von Jordan. Das beachtliche Gewölbe, zieht sich teilweise bis in das 2. Obergeschoss, indem auch eine alte Renaissance-Decke zu finden ist.

Baubeschreibung

Das dreigeschossige Gebäude  

...erhebt sich über einen längsrechteckigen Grundriss, dem auf der Parkseite ein seitlich angesetzter zweigeschossiger Flügel zugeordnet ist. Anhand der einheitlichen Fenstergestaltung und dem hofseitigen, mittlerweile, großflächig, freigelegten Sgraffitoputz lässt sich erschließen, dass der Hauptbau bereits in der Renaissance seine heutige Größe und Ausdehnung hatte. Ältere Bauspuren, die auf einen Vorgängerbau im zweiten Obergeschoss schließen lassen, sind bei der visuellen Begutachtung des Gebäudekubus nicht zu erkennen.

Das große Satteldach schließt den Bau ab, wobei die Form der Schweifgiebel des 19. Jhd. erst in der Nachkriegszeit verändert wurde. Eine Zeichnung der Künstlerin Elfriede Springer und historische Fotografin zeigen diese, während eine Zeichnung des Johann Gottfried Schultz von 1805 schlichte Giebel mit überstehendem Ortgang belegt.

Die im 19. Jhd. entstandenen Schweifgiebel waren durch Witterungseinflüsse bereits so stark geschädigt, dass sie aufgrund des Material- und Geldmangels nach dem 2. Weltkrieg abgetragen werden mussten.

Der kleine Dachreiter, zuletzt bei Schultz dokumentiert, ist offenbar noch vor der Wende zum 20. Jhd. abgebrochen worden.

Die Fassade

...ist nahezu regelmäßig gegliedert, unterwirft sich jedoch noch nicht den Symmetriebestrebungen der Barockzeit, wie das aus der Mittelachse herausgerückte Hauptportal belegt. Dieses wird heute von einer darüber liegenden Doppelfenstergruppe akzentuiert, die einem, unter Verwendung der historischen Profilgewände erfolgten Umbau wohl nach 1945 entstammt. Frühere Fotografien zeigen das Gebäude noch mit 6 Fenstern im 1. Obergeschoss. Alle Fenster sind mit renaissancetypischen gekehlten Sandsteingewänden ausgestattet.

Die dazugehörigen geradlinigen Fensterverdachungen wurden bei der Bereinigung der Fassade möglicherweise schon im Barock abgeschlagen. Tatsächlich lassen sich die beschriebenen Räume, (beschrieben in den Lehnsakten zu Ober-Neundorf) bis auf den Altan, im Gebäude nachvollziehen, sodass, abgesehen von den zusätzlichen Raumteilungen der Nachkriegszeit, ein innerer Umbau des Gebäudes offenbar nicht stattgefunden hat.

 

Die Sgrafittofassade

Die 1991 begonnene restauratorische Voruntersuchung brachte Spektakuläres zu Tage. Unter dem ungegliederten Glattputz des 19. Jhd. lag zunächst eine gelbocker gefasste Putzschicht des Barock – darunter wiederum eine großflächig erhaltene Sgrafittoputzschicht die in mühevoller Kleinarbeit freigelegt, gesichert und konserviert wurde.

Bis zumindest zum Jahre 1677 lt. der vorangegangenen Baubeschreibung müssen diese Dekorationen sichtbar gewesen sein. Zitat: „von außen gegen den Hofe mit allerhand gerissenen Bildern gezieret“.

In der Erdgeschosszone ist der Putz mit einer Diamantquaderung überzogen, die Ecken des Gebäudes sind mit einer Putzquaderung deutlich hervorgehoben. In der darüber liegenden Zone dominieren große Medaillons mit Spruchtafeln. Lediglich das südliche Medaillon ist noch gut zu erkennen, sodass ein lateinisches Spruchband rekonstruiert werden konnte (welches auf unserer Titelseite zu sehen ist).

Im oberen Bereich ist die Fassade mit überlebensgroßen Figuren überzogen. Neben Landsknechten in zeitgenössischen Uniformen, gruppieren sich biblische Szenen und Landschaften mit einer Jagdszene zu einem wahren Bildteppich, der die gesamte Fassade überzieht.

Vegetabiler Zierrat und illusionistische Scheinarchitektur umgibt die Bildszenen. Spätestens im 18. Jhd. müssen die Dekorationen bereits überputzt gewesen sein, wie die Federzeichnung des Johann Schultz beweist (siehe oben).

Gebäudeinneres

Man betritt das Gebäudeinnere durch das Renaissanceportal. Von diesem gelangt man in eine längsrechteckige, gewölbte Halle mit Stichkappen, von der an der Stirnseite die Eingänge zu den hinteren Wirtschaftsräumen, sowie dem Treppenhaus leiten. Die Räume haben ihre ursprüngliche Ausstattung leider, nahezu völlig verloren.

Eine schlichte Stuckdecke des 18. Jhd, Reste von Holzvertäfelungen vor 1900 und einige kassettierte Türen zeichnen diese im 19. Jhd unterteilten Räume aus. Einzig die Eingangshalle mit ihrem korbbogigen Tonnengewölbe auf kleinen lappenartigen Stuckkonsolen, weist auf die einst reiche Ausstattung des Hauses hin.

Die partielle Überdeckung

...der bauzeitlichen Renaissancetürgewände an der Stirnwand beweist eine späte Bauzeit des Gewölbes – es kann angenommen werden, dass diese Halle ursprünglich eine Holzbalkendecke aufwies und vermutlich erst vor 1700 eingewölbt wurde. Von der Halle gehen einige kleine Feuerungstüren ab, die Indiz für die Hinterladeröfen der Wohnräume sind.

Eine Treppe mit Eichenstufen führt in das Obergeschoss. Der Treppenraum ist mit einer Segmenttonne überwölbt und stammt sicherlich aus der Erbauungszeit. Die Doppelfenstergruppe der Treppenhausrückseite weist mit Mittelsäule und gefassten Bodenlaibungen ein ähnliches Dekorationsschema auf, wie vergleichbare Fenstergruppen in renaissancezeitlichen Bürgerhäusern in Görlitz.

Das erste Geschoss

...nimmt die ehemaligen Repräsentationsräume des Schlosses auf. Sie sind mit Gewölbe ausgestattet, mit schlichten, breiten Bändern, die die Deckenflächen in geometrische Felder gliedert und teilt. Neben einer kleineren Raumflucht im Nordteil des Gebäudes dominiert der längsrechteckige Saalraum, der vier Fensterachsen einnimmt. Beim Heraufschreiten der Treppen in das zweite Geschoss, wird man von der sehr alten Renaissancedecke überwältigt. Der Flur ermöglicht in fast alle Räume zu gelangen, insbesondere auf den Dachstuhl, indem eine kleine Kammer untergebracht war.

Zurück im 2. Obergeschoss

...ist auch hier ein Teil der Räume mit Gewölbe ausgestattet. In dem großen Saal, der gegenüber dem Treppenaufgang liegt, wurden nach 1945 Wände eingezogen, die nun wieder entfernt wurden und den Saal in seiner ursprünglichen Größe erstrahlen lässt.

Das Schloss ist nach Osten hin eingerahmt durch inzwischen zerfallene, jedoch stattliche Wirtschafts­gebäude, Stallungen, Scheunen und ehemaligen Gesindewohnungen. Der Park, mit seinem historischen Baumbestand, liegt im Südwesten und im Nordwesten steht das ehemalige Verwalterhaus.

Einblick

Laut einer Taxe von Hiob von Uechttritz und Friedrich von Kalchreuth vom 15. März 1677
wird uns ein Einblick hinterlassen, wie das Schloss im 17. Jhd. gestaltet gewesen sein muss:

„Es ist allhier zu Ober-Neundorf ein wohl erbaueter, von Grund aus gemauerter Rittersitz oder Wohnhaus, so von außen gegen dem Hofe mit allerhand gerissenen Bildern gezieret, wie auch dessen Dach (worauf ein mit Bleche belegtes Türmchen und etliche eingelegte kupferne Rinnen vorhanden) bis auf ein weniges mit Ziegeln wohl gedeckt ist.

Inwendig dieses Hauses und zwar unter selbigem befinden sich vier gute gewölbte Keller samt einen gewölbten Eingange; über diesen aber in den unteren Gaden (Etagen) des Hauses, dessen Fenster meistenteils mit eisernen Gitten verwahret, sind zwei Stuben, aus welchen man in die Keller gehen kann; und ist bei jeder Stuben eine gewölbte Kammer, ingleichen neben dem gewölbten Hause, eine gleichfalls gewölbte Küche und dazu gehöriges Speisegewölbe. In den mittleren Gaden sind ein Saal, zwei Stuben und zwei Kammern, so alle gewölbet, mehr eine Kammer welche nicht gewölbet.

Im dritten Gaden ist ein größerer Saal, nebst einem gewölbten Stübchen und zwei Kammern, ingleichen noch ein anderes Stübchen und dann in Kriegszeiten zu gemauertes Stübchen und Kammer, so aber alle uneingebaut. Über diesem befindet sich noch ein gewölbtes, gleichfalls uneingebautes Stübchen, aus welchen man hienaufgeht in eine gewölbte Kammer und aus dieser auf einen mit Quaderstückchen gepflasterten, auch mit steinernen Säulen und Werkstücken umgebenen Altan (Vorbau eines Hauses). Und ist ansonsten das ganze Haus wohl und gemächlich, auch bis unter das Dach mit gewölbten Stiegen erbaut.“